Dienstag, 3. März 2020



Die heilige Maria erscheint in Wien

Stanislaus Kostka Kapelle
Wer vom Stephansplatz aus den Graben entlang wandert, die Pestsäule hinter sich lässt und schließlich in Richtung Tuchlauben abzweigt, der wird schon nach wenigen Schritten vor der Steindlgasse stehen, und dieser vermutlich nicht mehr Beachtung schenken als all den anderen schmalen Wegen, die das alte Wien mit Kopfsteinpflaster und gotischen Torbögen so romantisch erscheinen lassen. Dabei gibt es gerade hier zwei durchaus gute Gründe, ein wenig zu verweilen: Erstens eröffnet sich dem erschöpften Touristen ebenso wie dem kundigen Wiener die Möglichkeit, die Strapazen des täglichen Daseins mit einem Kurzaufenthalt in der Bierklinik vergessen zu machen. Folgt man dem Weg nach einer Stärkung dann noch etwas weiter, so wird man andererseits rasch der kleinen, windschiefen Hütten gewahr werden, die sich dicht an die steinernen Mauern der umliegenden Gebäude schmiegen, und sich nicht so recht in das Stadtbild einfügen wollen. Am ehesten erinnern diese seltsamen Konstruktionen an Andenkenläden, doch diese Shops haben niemals geöffnet, zu kaufen gibt es dort nichts.

Will man dem Geheimnis dieser Hütten auf den Grund gehen, so muss man einen Ausflug in das sechzehnte Jahrhundert unternehmen, in das Jahr 1550, um genau zu sein, und man muss dazu nach Polen reisen. Dort nämlich, im Schloss Rostkowo, wurde in jenem Jahr Stanislaus Kostka als Sohn einer bedeutenden polnischen Adelsfamilie (Wappenstamm Dabrowa) geboren. Schon als Kind war er zusammen mit Vater und Bruder im Jahre 1564 nach Wien gekommen, um zusammen mit seinem Bruder eine dem Stande entsprechende Erziehung im Jesuitenkolleg zu erhalten. Stanislaus allerdings beschloss bald schon selbst Jesuit zu werden, zum Entsetzen des Vaters, der für seinen Sohn bereits andere Pläne geschmiedet hatte. Trotz der vorbildlichen Führung des jungen Kostka waren auch die Jesuiten von diesem Vorhaben wenig begeistert, fürchteten sie doch Repressalien der einflussreichen Adelsfamilie.

Im Jahre 1566 allerdings erkrankte der Jüngling so schwer, dass man um sein Leben bangen musste. Hohes Fieber fesselte Stanislaus ans Bett, die Ärzte vermochten nicht zu helfen. Die Sterbesakramente sollten gespendet werden, doch der protestantische Hausbesitzer verweigerte die katholische Praktik – die Lage schien aussichtslos. In einer dieser dunklen Nächte, die der sterbende Junge mit Beten zubrachte, wollen Zeugen dann folgende Beobachtung gemacht haben: Plötzlich rief Stanislaus laut aus, dass er die heilige Barbara sehen könne, begleitet von zwei Engeln, und sie hieß ihn auf die Knie zu fallen. Doch damit nicht genug. Die Mutter Gottes selbst näherte sich ihm, mit dem Jesuskind auf dem Arm, sprach zu Stanislaus, und erleichterte es dem verwirrten Knaben, eine Entscheidung für seine Zukunft zu treffen.

Gegen die Jungfrau Maria kam auch ein gestrenger Vater nicht an, Stanislaus flüchtete nach seiner Genesung aus der klösterlichen Schule und machte sich auf die beschwerliche Reise nach Rom. Sein Herzenswunsch, Mönch zu werden, ging im Jahre 1567 schließlich in Erfüllung.

Stanislaus soll seinen eigenen Tod vorhergesagt haben. Am 15. August 1568 schließlich trugen seine Mitbrüder den leblosen Körper des jungen Mannes unter Tränen zu Grabe. Er wurde in Rom bestattet.

Trotz seines kurze Lebens bleibt Stanislaus Kostka im kollektiven Gedächtnis der katholischen Kirche erhalten. Sein Schlafzimmer, in welchem die Marienerscheinung stattfand, wurde später in eine Kapelle umgewandelt, deren üppige Ornamentik den Raum zu einem verborgenen Kleinod  des Rokoko werden ließ.
1605 wird er selig gesprochen, 1726 folgt die Heiligsprechung. Auch heute noch genießt er vor allem in Polen hohes Ansehen, er gilt als ein Nationalpatron und Patron der Ministranten, sowie der studierenden Jugend.

Und unsere eingangs erwähnten Hütten?

Als letzte, stumme Zeugen erzählen sie, dass auch Wien sein Marienwunder hat, seinen eigenen kleinen Wallfahrtsort, welcher den Pilger natürlich nicht mit leeren Händen entlassen konnte. Wer Wallfahrtsorte wie Mariazell in der Steiermark oder Maria Schutz nahe des Semmering kennt, dem werden diese kleinen Hütten nun gewiss bekannt vorkommen. Vollgestopft sind sie mit Devotionalien, von wahren Kunstwerken, bis hin zu billigen Mitbringseln reicht die Palette, und auch das eine oder andere Spielzeug für den Nachwuchs wartet auf einen Käufer.
Öffnungszeiten: Jährlich vom 13. - 20. November von 15 bis 18 Uhr, und während der Messe. Weiters am 13. des Monats (Messe), sowie nach Vereinbarung.  

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